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"Pflegen für ein Taschengeld" - über die Ausbeutung von Pflegekräften aus Togo

Autor*in: Stephanie
3 Minuten
"Pflegen für ein Taschengeld" - über die Ausbeutung von Pflegekräften aus Togo

Der Artikel im Magazin "chrismon" ist online nicht frei zugänglich. Deshalb veröffentlichen wir an dieser Stelle eine Protestmail an das Deutsche Rote Kreuz vom 01.04.2024, die dessen Inhalt zusammenfasst.
Das DRK hat in einer Mail dazu Stellung bezogen, einer Zusammenfassung ihrer Position haben sie zugestimmt, Näheres siehe unten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit meinem Schreiben beziehe ich mich auf den Beitrag "Pflegen für ein Taschengeld" im chrismon Magazin Nr. 4.2024. Es hat mich erschüttert zu erfahren, dass das DRK Pflegekräfte aus Togo (und möglicherweise anderen Ländern) zu äußerst prekären bis ausbeuterischen Bedingungen beschäftigt.

Der Artikel beschreibt, wie ausgebildete Pflegekräfte zum Arbeiten nach Deutschland gehen, weil sie davon für sich und ihre Familien eine bessere Zukunft erhoffen. Sie werden gezielt von dubiosen Vermittlern angelockt mit der Aussicht auf einen guten Verdienst und müssen sich bei ihnen erheblich verschulden, um die Reise, das Visum und den notwendigen Sprachkurs überhaupt finanzieren zu können.

Beim DRK in Deutschland werden sie im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes eingesetzt, für ein Taschengeld. An dem eigentlichen Ziel des BuFD, überwiegend jungen Menschen neue Erfahrungen und einen sinnstiftenden Einsatz für soziale Zwecke zu ermöglichen, verfehlt dies völlig. Geradezu absurd wird die Sache bei der Vorstellung, dass gut situierte Menschen aus Deutschland als BuFDis oder sogar über kommerzielle Anbieter in Ländern des Globalen Südens im Einsatz sind, und das nicht immer sinnvoll.

Im Anschluss an das Freiwilligenjahr können die Migrant:innen eine Ausbildung beginnen, obwohl sie bereits eine fachliche Qualifikation und Praxiserfahrung aus ihren Heimatländern mitbringen. Voraussetzung dafür ist ein B2-Sprachniveau, bestehen sie diese Prüfung nicht, müssen sie Deutschland verlassen mit nicht mehr als einem Haufen Schulden. Im beschriebenen Fall hat eine Pflegekraft volle sechs Jahre (!) für ein Taschengeld bzw. für das geringe Ausbildungsentgelt als "billige Arbeitskraft" in Vollzeit in einem DRK-Heim gearbeitet. 

Ohne ausländische Arbeitskräfte wäre der Pflegenotstand in deutschen Heimen, Kliniken und ambulanten Diensten wohl noch viel größer als er ohnehin schon ist. Allerdings ist die Migration zum Nachteil der Herkunftsländer, die in die Ausbildung ihrer Fachkräfte investiert haben. Außerdem verlieren sie durch die Auswanderung eine große Zahl junger Menschen mit ihren sozialen und ökonomischen Ressourcen, familiäre Bande werden zerrissen. Die Migrant:innen selbst zahlen einen hohen Preis, in dem sie ihre Familien und ihr vertrautes Umfeld verlassen, um auf sich gestellt in Europa durchzukommen - mit dem Risiko der Einsamkeit, des Scheiterns und des Missbrauchs.

Angesichts dessen sollten diese Menschen hierzulande zumindest eine faire Bezahlung, Unterstützung und Respekt erfahren!

Deshalb mein dringender Appell an den DRK, an den in dem Artikel beschriebenen Zuständen etwas zu ändern, in allen Heimen und Einrichtungen des DRK.

Ich spende seit vielen Jahren beim DRK Blut und war bisher überzeugt davon, damit eine Organisation zu unterstützen, die sich für alle Menschen einsetzt und auch mit ihren Beschäftigten menschlich umgeht. Daran kommen mir nun ernsthafte Zweifel.

Stellungnahme des DRK vom 18.04.2024:
Das DRK erkennt an, dass der Bundesfreiwilligendienst im Austausch mit den Ländern des Globalen Südens problematische Sachverhalte kreieren könne und sie versuchten, sensibel damit umzugehen. Dem im Artikel geschilderten Einzelfall gingen sie nach, stießen dabei jedoch an Grenzen, weil ihnen Informationen fehlten. Sie weisen darauf hin, dass für einige Schwierigkeiten der jungen Frau bürokratische Hürden im Aufenthaltsrecht und bei der Anerkennung beruflicher Qualifikationen verantwortlich seien, dies läge nicht im Einfluss des DRK. Migrant:innen im Bundesfreiwilligendienst würden eine individuelle Betreuung erhalten, um sich zu orientieren, außerdem Sprachunterricht und Unterstützung bei Behördenangelegenheiten. Diese pädagogische Begleitung sei absolut verbindlich vorgesehen und es sei ihnen bisher nicht möglich, den genannten Fall nachzuprüfen.

© Text: Stephanie Walter
© Foto: Sabine van Erp auf Pixabay